Türbogen eins hinduistischen Tempels mit Hindu Gottheiten in Kathmandu, Nepal.
Hinduismus

Hinduismus – Sanatana Dharma

Hinduismus ist ein Überbegriff für ein breites Spektrum von verschiedenen philosophischen und religiösen Anschauungen, er hat keinen Religionsstifter und nur wenige Dogmen und auch keine zentrale Autorität. Für den einzelnen spielt jedoch sein religiöser Lehrer (Guru) eine wichtige Rolle.

Ursprung

Der Hinduismus umspannt sowohl die Samkhya-Philosophie Kapilas und geht hin bis zum Pantheismus der Puranas. Der hinduistische Glauben setzt sich aus Mythologie und Philosophie zusammen, ohne einer einheitlichen Glaubensrichtung. Als Glaubensgrundlage bestehen viele verschiedene philosophische Systeme wie Samkhya, Nyaya, Vaisesika, Yoga, Uttra Mimansa und Purva Mimansa. In der Mythologie finden sich die vielen mündlich überlieferte alte Legenden, die erst in nach Christi schriftlich in Sanskrit verfasst worden sind wie die großen Epen Mahabarata und Ramayana, so auch die Texte der Veda, Puranas und Brahmanas.

Die Hymnendichtung der Veda insbesondere das Rgveda gehört zu der ältesten Literatur mit religiösem Inhalt. 1028 Samhitas sind im Rgveda enthalten, detailierte Anleitungen religiöser und magischer Rituale, Götterhymnen, Opferformeln und Zaubersprüche. Die Veden sind für alle orthodoxen Hindus eine heilige Schrift, eine in sich geschlossene, bereits ewig bestehende Offenbarung göttlichen Ursprungs. Das Werk der Veden ist bereits im im 8. – 6. Jahrhundert v. Chr. entstanden, die Brahmanas (theologische Erörterungen) und Puranas wurden ergänzt.
Diese philosophischen Texte lehren einen unpersönlichen Weltengrund (Brahman oder Atman). Die Mythologie erschließt sich aus den überlieferten Puranas (alte Erzählungen), den Legenden der Mahabarata und Ramayana. Obwohl diese Epen schon sehr alt sind (3000 v. Chr.) haben sie immer noch einen starken Einfluss im heutigen Indien.

Allgemeines zur Lehre

Hindu Kind in Kathmandu, Nepal
Hindu Kind (Sadhu) in Kathmandu, Nepal

Allgemeingültiges übergreifendes Dogma im Hinduismus ist die Karmalehre. Gesetz von Ursache und Wirkung von Handlungen, es beeinflusst die künftige Wiedergeburt. Lebewesen befinden sich im Kreislauf der Wiedergeburt (Samsara). Die Reinkarnationslehre sagt, die Seele ist ein Speicher für alle begangenen Taten. Die Seele sucht sich nach dem Tod eine neue Hülle (äußerliche Daseinsform), der Hindu glaubt an die Seelenwanderung, die Zeit zwischen Tod und Wiedergeburt. Die Erlösung (Moksha) durch Erleuchtung ist das Ziel. Erleuchtung kann erreicht werden durch den Weg des Bhakti-Yoga, Karma-Yoga, Jnana Yoga und Raja Yoga.

Als Hindu wird man geboren und bleibt es auch wenn man die Religion wechselt zeitlebens, jedoch steht der Hinduismus für jeden offen.

Hinduistische Trinität

In der hinduistischen Trinität ist Shiva (Rudra) der Zerstörer, Vishnu der Erhalter und Brahman der Schöpfer.
Die Anhänger Shivas sehen die Trinität als Bestandteile Shivas.
In der Advaita Vedanta legte sein Begründer Sankaracarya (788-820) die Lehre über die Maya (Illusion) nieder. Alle Erscheinungen der Welt seien Täuschungen, nichts ist absolut auch die Götter nicht und alles sei der Veränderung unterworfen.

Brahma

Brahma ist eine wenig beachtete Gottheit und es gibt nur wenige ihm geweihte Tempel, der berühmteste steht in Pushkar (Rajasthan). Eine Legende besagt, dass Brahma sich über Vishnu und Shiva erhob und sich als wichtigste Gottheit proklamierte, da er als Schöpfer als Erster in Erscheinung trat. Jedoch kann Schöpfung nicht allein existieren, so wurde er für seine Arroganz von den Huldigungs- und Opferritualen ausgenommen. Diese Legende sollte auch ein Hinweis sein, dass letztlich alles eins sei und ein Aspekt nicht ohne den andern existieren könne.

Hinduistische Trinität - Brahman Vishnu und Shiva als Trimurti
Brahman, Vishnu und Shiva als Trimurti
Brahma Statue Messing
Brahma Statue

Religionsrichtungen

Jeder Hindu bekennt sich zu nur einer Gottheit, so kann keine Gottheit den Rang des höchsten Gottes beanspruchen. Die einzelnen Richtungen huldigen ihrem eigenen Götter Pantheon.

Sektenübergreifend verehrt der Hinduist drei Gottheiten, eine die er für sich selbst wählt (Istadevata), eine schützende Gottheit für seine Familie und eine Schutzgottheit seiner Heimat (Dorf oder Stadt in der erlebt).

Jedes Naturereignis hat im Hinduismus seine eigenen Gottheiten wie zum Beispiel Agni – Gott des Feuers, Indra – Gott des Blitzes, Surya – Sonnengott, Soma – Mondgott, Vayu – Gott des Windes, um nur einige zu nennen.

Es wird zwischen drei Strömungen im Hinduismus unterschieden, den Shivaismus, Vishnuismus und den Shaktismus.

Shivaismus

Im Shivaismus geht es um die Befreiung des Selbst vom Karma und Materie durch Yoga und Tantra.

Die Anhänger Shivas bevorzugen Shiva in all seinen Erscheinungsformen, als Nataraja (König des Tanzes – Kosmischer Tänzer), in Meditation oder als zweigeschlechtlicher Ardhanarishvara (halb Mann – halb Frau). Das Pantheon wird erweitert durch seine Söhne Kumar und Ganesha und seine Gemahlin Devi (in Form der Parvati). Devi stellt eine Besonderheit unter den Göttinen dar, sie ist keinem männlichen Gott zugeordnet und vereint die Aspekte der drei Hauptgöttinnen Saraswati, Lakshmi und Parvati. Parvati gibt es in unterschiedlichen Erscheinungsformen, friedlich als Parvati und zornig als Durga oder Kali.

Ganesha gehört zum Götterkreis der Shivaisten, es gibt auch Anhänger Ganeshas, die sich von den Shivaisten gelöst haben jedoch ohne sehr großen Zulauf, da Ganesha sektenübergreifend die beliebteste Gottheit im Hinduismus ist.

Eine Besonderheit stellt der Shiva Lingam dar. Er symbolisiert einen Phallus, der auf einem weiblichen Geschlechtsorgan ruht und der Legende nach bedarf es ständiger Kühlung, damit die negativen Energien nicht zur Zerstörung der Welt führen.

Shiva Erscheinungsformen Infografik

Vishnuismus

Vishnu - Hindu Gott
Vishnu

Im Vishnuismus gehen die Anhänger den Weg der Liebe durch selbstloses Handeln und der Hingabe zu Vishnu.

Die Anhänger Vishnus, dem Erhalter verehren ihn als höchsten Gott gleichrangig zusammen mit seiner Gemahlin Lakshmi und Garuda seinem Reittier und all seinen Avataren, allen voran Krishna und Rama mit seiner Gemahlin Sita. Verehrt werden auch die Helden der großen Epen aus dem Ramayana wie Hanuman (Affengott) und aus dem Mahabharata Arjuna (der Große Krieger auf Seite der Pandava in der Schlacht gegen die Kaurava).

Zu den beliebtesten und verehrtesten Gottheiten gehört die Göttin Lakshmi (Glück, Schönheit, Reichtum).
Der Bhakti-Kult steht in engem Zusammenhang mit dem Visnuismus, Bhakti ist das Streben nach Vereinigung der Seele mit Gott mittels moralisch integrem (frommen) Lebenswandel.

Shaktismus

Im Shaktismus werden tantrische Rituale zelebriert und der weiblichen Energie und Schöpferkraft gehuldigt.
Die Anhänger des Shaktismus bevorzugen die weibliche Gottheit Devi als höchstes schöpferisches Prinzip, da nur sie über Energie und Lebenskraft (Shakti) verfügt, jedoch ist sie auch die blutrünstige Göttin, die alles wieder vernichtet, was sie kreiert hat. So hat Devi (Maha-Devi) friedliche (Uma, Gauri, Parvati, Bhavani) und zornvolle Erscheinungsformen (Durga, Kali, Chandri, Bharavi). Devi wird als Manifestation von Brahman betrachtet.

Devi steht als Frau Shivas enger Verbindung zum Shivaismus. Aus Sicht des Shakta-Kults ist Shiva der Göttin untergeordnet, Shiva ist das passive Prinzip, Devi das aktive. Shiva ist ohne Devi handlungsunfähig.

Yantras werden rituell und meditativ verwendet. Bei den Shakti Anhänger werden Yantras als Vehikel der Göttinen gesehen, sie manifestieren sich durch die Rezitation von Mantras in den Yantras selbst.

Die Shaktas teilen sich in linkshändige (Vamamargis) mit geheimen kultischen Handlungen und rechtshändige Verehrer (Daksinamargis) mit öffentlichen Kulthandlungen. Die Tantras sind Bestandteile der heiligen Texte der Shaktas.

Es wird zwischen einem geistig-männlich-passiven Prinzip und einem energetisch-weiblich-aktiven Prinzip unterschieden. Letztendlich dominiert das weibliche Prinzip wie in der Darstellung von Kali auf Shiva plastisch dargestellt.

Kali stehend auf Shiva
Kali stehend auf Shiva

Jede dieser Richtungen im Hinduismus hat viele weitere Untersekten hervorgebracht.

Tragekorb gefüllt mit hinduistischen Opfergaben
Tragekorb mit Opfergaben
Hindu Familie beim vorbereiten von Opfergaben
Vorbereitung von Opfergaben
Tragekorb gefüllt mit hinduistischen Opfergaben
Opfergaben

Quellennachweise

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